Geschichte
Schadeck über der Lahn – eine Broschüre von Ernst Zander (1942)
Die Broschüre wurde freundlicherweise von Fr. Eisenkopf zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
Christian Daniel Vogel, Dekan in Kirberg, ein nassauischer Historiker von Rang, kennzeichnete in seiner ,,Beschreibung des Herzogtum Nassau" im Jahre 1843 Schadeck als evangelisches Pfarrdorf, dessen Wurzeln auch auf Heinrich I. von Westerburg zurückgehen sollen, der nach seiner Vertreibung aus Runkel in der Gemarkung ,,Wenigen Villmar" eine Burg hätte anlegen lassen. Doch sei urkundlich 1288 erstmals von ,,Scadeken” die Rede. Und Ernst Zander schreibt dazu:
,,Burg und Dorf Schadeck verdanken ihr Entstehen Familienstreitigkeiten zwischen den Mitgliedern des im Runkeler und Westerburger Land herrschenden Geschlechtes. Dieses Land, rechts und links der Lahn bei Runkel und dann weit hinauf in den Westenwald bis über Westerburg hinaus, war seit dem 11. Jahrhundert, wohl auch schon früher, im Besitz eines adeligen Geschlechtes, das sich, je nachdem, wo sich der regierende Herr aufhielt, die Herren von Westerburg oder die Herren von Runkel nannte. Das Geschlecht war hoch- und uradeligen Herkommens. Schon seit dem frühesten Mittelalter führte es den Titel ,,des Heiligen Römischen Reiches Semperfrei”.
Die Mitglieder unterstanden unmittelbar dem deutschen König. Sie waren unabhängige, in ihrem Gebiet souveräne Reichsfürsten, die unbeschränkt, regierten, auf eigene Hand Kriege führten und Bündnisse und Frieden schlossen. Sie erkannten niemand über sich an, nurden Kaiser.
Aus einer Urkunde von 1100 ist ein Herr Siegfried bekannt. Unter den Urenkeln dieses Siegfried brach um das Jahr 1250 ein Streit aus. Die Folge dieses Streites war, dass Siegfried V. seinem Vetter Heinrich den Aufenthalt in der Runkeler Burg verweigerte. Alle Aussöhnungsversuche der benachbarten Ritter, ja sogar zwei Urteile des Kaisers Rudolf I. von Habsburg aus den Jahren 1273 und 1276 waren erfolglos. Siegfried blieb widerspenstig und verweigerte auch die Einsetzung Heinrichs in die Burg Runkel.
Nun wahrte Heinrich sein Recht auf andere Weise: er errichtete auf dem höchsten und steilsten Lahnfelsen, der Burg Runkel gegenüber, keck und kühn, dicht am Abhang des Felsens liegend, einen Burgbau und gab der neuen Burg den Namen S c h a d - E c k , damit die Absicht ausdrückend, sich für das ihn gewordene Unrecht und für die erlittene Schmach zu rächen und den Runkeler Nachbarn und Verwandten Schaden zuzufügen, wie und wo er nur könne".
Wolfgang Schoppet untermauert in seiner Untersuchung dieseAnnahme hinsichtlich der Namensgebung, als er schreibt: ,,Bei Schadeck haben wir es wesentlich einfacher. Der Name gibt weder auf den ersten Blick, noch bei näherer Betrachtung Rätsel auf (wie es Runkel tut), ein bei Familienzwistigkeiten aus Runkel vertriebener Herr von Westerburg legte sich, um seinen Gegner zu ärgern und ihm zu trotzen, auf der anderen Lahnseite eine Burg an, die in den ältesten Quellen als Scadeken vorkommt, woraus mit der Zeit Schadeck wurde. Das zusammengesetzte Wort (Schade-eck) ist leicht zu erklären. Eck bedeutet so viel wie ,,an der Ecke wohnen”; also beispielsweise an der vorspringenden Spitze eines Berges oder Felsens. Im süddeutschen Raum findet man das Wort in der Form von Egg: Scheidegg heißt ein Ort im Allgäu; Bei Deggendorf in Niederbayern Iiegt eine Burg Egg; Luthers Disputationsgegner Dr. Eck nannte sich nach seinem Heimatort Egg an der Günz. - Schade oder (vor allem oberdeutsch) Schad war die Bezeichnung für einen Schadenstifter. Nicht selten wurde Rittern, die in ihrer Umgebung Furcht und Schrecken verbreiteten, der Über- oder Beiname Schad gegeben. Im 13. Jahrhundert z.B. charakterisierte man den Ritter Blikker von Steinach als Lantschad. Er hauste übrigens auf der Burg Schadeck am Neckar”.
,,Was selbst dem Kaiser und seinen Räten und Schiedsleuten nicht gelungen war”, schreibt Zander weiter, “hatte Heinrich durch den Bau der Burg Schadeck erreicht. Trutzig schaut die Schadeck über das Flüßchen hinüber zum feindlichen Nachbarn, diesen weit überragend; ein Felsennest, das von stolzer Höhe das Leben und Treiben in der gegenerischen Burg jederzeit beobachten und denen da drüben, wenn es not tat, Schadecker Grüße in Form von Steinkugeln hinüberschleudern konnte.
Durch den Bau der Burg Schadeck erzwang Heinrich als erstes seinen Anteil am Lande. Diese Teilung fand 1288 statt. Dem Heinrich wurden die Lande rechts der Lahn und die Westerburg zugesprochen, während Siegfried die Burg Runkel und das links der Lahn liegende Gebiet erhielt. Das linkslahnische Geschlecht nannte sich Von nun an ,,die Herren Von Runkel", während der andere Zweig sich als ,,die Herren von Westerburg” bezeichneten."
1159 wurde die Stadt im Tal, und am 4. April 1288 Schadeck erstmals urkundlich erwähnt. Diese Urkunde, zu deren Ausstellungszeit Heinrich von Westerburg noch Iebte, stellt also die früheste urkundliche Erwähnung Schadecks dar. Heinrich wurde der alleinige Besitz von Schadeck und Westerburg zuerkannt. Beide haben ein ehrwürdiges Alter und gesiedelt wurde, wie Funde dokumentieren, in diesem Lahnabschnitt sicherlich schon viel früher. ,,Aber trotz dieses Iangen Anlaufs sind die beiden nie so recht vorwärtsgekommen”, (stellt Schoppert fest).
„|m nassauischen Amt Runkel stand der Verwaltungssitz, was die Einwohnerzahl angeht, keineswegs ganz vorn. Der Flecken Villmar (mit der Langhecke sowie den Höfen Nieder-, Obergladbach und Traisfurth) und das Dorf Obertiefenbach waren erheblich größer. Runkel war die zweitkleinste Stadt im ganzen Herzogtum, nur im mittelrheinischen St. Goarshausen wohnten weniger Menschen. Nachdem die Preußen 1866 den Kleinstaat zwischen Rhein, Main, Lahn und Sieg annektiert hatten, fiel das Lahnstädtchen auf den allerletzten Platz im Regierungsbezirk zurück. Nach der neuesten Zählung hat Runkel 1822 Einwohner und Schadeck nur 788, und auch in anderer Hinsicht ist es von keiner nennenswerten Bedeutung”.
Sicherlich hat Schoppet in seiner Gesamtbetrachtung Recht, doch aus Westerburger Sicht liest sich dies, wie Karl Hermann May feststellte, etwas anders: ,,Obwohl Schadeck nur einen kleinen Burgfrieden besaß, von Westerburg weit abgelegen und inmitten fremder Interessensphären eingesprengt war, hat das Haus Westerburg der Erhaltung dieser kleinen Herrschaft größte Aufmerksamkeit zugewandt. Von Anfang an scheint man für eine ausreichende Burgmannschaft gesorgt zu habe.
Der ungestörte Besitz wurde jedoch schon bald angefochten. Ende 1319 rüstete Erzbischof Baldewin von Trier gegen Reinhard, den damaligen Besitzer der Herrschaft Westerburg. Sein Kampf richtete sich zunächst gegen die Schaumburg, in deren Nähe er die Burg Balduinstein errichtete. Baldewin scheint hier wie auch sonst so oft im Auftrag des Reiches gehandelt zu haben. Sie war zum Teil in Besitz Heinrichs von Westerburg übergegangen als Heiratsgut seiner Frau Agnes von lsenburg-Limburg.
In diesem Zusammenhang ist es von größter Bedeutung, dass die Burg Schadeck in diesen Streit miteinbezogen war. In dem Vertrag vom 21. Juli 1321 musste sie Reinhard samt allem Zubehör dem Erzbischof als Lehen auftragen.
Reinhard hatte nur gezwungen in die Regelung des Vertrages vom 21. Juli 1321 eingewillt. Er versuchte, den unbequemen Lehnsherren abzuschütteln. Aber dieser erste Anlauf endete mit einer Eroberung Schadecks durch Baldewin im Jahre 1344. Reinhard setzte die Feindseligkeiten fort. Erst ein Vertrag vom 20. Mai 1346 brachte eine vorläufige Regelung. Danach sollte der Erzbischof die Hälfte der von ihm eroberten Burg für immer besitzen, zunächst aber auch noch die Reinhard als trierisches Lehen verbleibende andere Hälfte bis zum nächsten Remigiustage, dem 1. Oktober, und von ihm an gerechnet zwei Jahre lang behalten. Am 25. Mai desselben Jahres musste sich Reinhard außerdem verpflichten, die Hälfte der Baukosten für Schadeck dem Erzbischof bis zu einem festgesetzten Termin zu zahlen.
Baldewin nutzte seinen Sieg voll aus. Am 25. August 1346 quittierte Reinhard dem Erzbischof über 1300 kleine Gulden (von Florenz) auf seinen Teil der Burg Schadeck und verpflichtete sich, dem Erzbischof ohne allen Vorbehalt zu dienen.
Das Dorfes Schadeck
In den nächsten Jahrhunderten wird Schadeck oft zum Brennpunkt blutiger Fehden und Kriege, doch stehen dies die Westerburger bis Ende des 18. Jahrhunderts stets an der Seite des Trierer Erzbischofs mehr oder minder ohne große Ansehensverluste durch, wobei die Kleinkriege mit den feindlichen Nachbarn (Gebart von Elkerhausen, den Grafen von Sayn, den Herren von Waldmannshausen u.v.a.m.) stets von den Streitigkeiten mit den Hauptfeinden, den Herren von Runkel, überlagert wurden.
,,Um die Burg Schadeck” -so Zander- ,,siedelten sich Burgmannen und Lehnsleute der Westerburger an. Das war der Anfang des Dorfes Schadeck. In den unruhigen Zeitläufen erfuhren es die Einwohner der Nachbardörfer Wenigen-Villmar und Dudenhausen bald, dass sie im Schatten der Schadecker Burg sicherer und ruhiger Iebten, als in den Dörfern. Sie siedelten aus ihren Dörfern ebenfalls nach Schadeck über. Ihre Äcker und Wiesen wurden zur Schadecker Feldflur geschlagen. So wurde die Herrschaft Schadeck gebildet, die mit Gebück und Landwehr umgeben und dadurch gegen feindliche Angriffe geschützt wurde.
Im Jahre 1346 verlieh Kaiser Karl IV. dem Dorfe Schadeck Stadtrechte nach Frankfurter Art. Schadeck erhielt eine massive Stadtmauer die mit zwei Toren versehen war. Reste der Mauer sind auf der Westseite noch vorhanden. Sie dienen jetzt als Fundamente von Häusern.
Das Amt Schadeck
Ebenso wie das Gericht Runkel - so Karl Hermann May - verdankt auch das Gericht Schadeck seine Entstehung der Errichtung einer Burg. Der erste bekannte Schultheiß begegnete uns 1466. Die Zahl der Schöffen konnte nicht ermittelt werden, wie denn auch ein Weistum nicht bekannt geworden ist.
Die Verleihung Frankfurter Rechtes im Jahre 1346 bedingte die Neueinrichtung eines Rates. Ähnlich wie in Weilburg und in Villmar dürfte das Amt des Bürgermeisters von einem Schöffen des bestehenden Gerichtes übernommen worden sein. Bis jetzt ist vor der nass. Zeit (1806 - 66) nur ein Bürgermeister namens Meier (1786 - 1787) bekannt geworden.
An eine entwickelte Ämterverfassung darf man bei dem kleinen westerburgischen Amt Schadeck nicht denken. Es hat nie über die Grenzen des Burgfrieds vom 4. April 1288 hinausgereicht. Den Schadecker Beamten oblag nur noch die Mitverwaltung des zwischen Runkel und Westerburg gemeinsamen Gerichtes Wenigenvillmar und einiger benachbarter westerburgischer Besitzungen; so begegnen uns z.B. die schadeckischen Schultheißen Johann Georg Schmitt (1716) und Johannes Huth (1767 -1788) zugleich als westerburgische Schultheißen des Gerichtes Wenigenvillmar. Von Schadeck aus verwaltet wurden ferner die westerburgischen Besitzungen zu Aumenau, Fürfurt, Ennerich und Oberbrechen, wie wir aus einer am 27. Juni 1444 beurkundeten Verpfändung an Dietrich von Runkel erfahren.
Die Bezeichnung Amt begegnet kaum. Meist ist von Burg, Feste, Schloß, Tal und Stadt Schadeck die Rede, lediglich im 14. Jahrhundert von Amtmännern. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine westerburgische Einrichtung, sondern um Ernennungen des Erzstiftes Trier, das - wie erwähnt - ja seit dem 21. Juli 1321 Lehnsherr von Schadeck war. So werden denn auch von Trier zu Schadecker Amtmännern ernannt Heinrich von Cramberg am 24. Juli 1347, Reinhard von Westerburg am 29. Juli 1350 und Johann von Westerburg am 8. November 1365. Dass der Titel eines erzbischöflichen Amtmannes mehr darstellt, als das für Schadeck erforderliche Amt eines Verwaltungsbeamtes, liegt auf der Hand.
Um 1390 begegnet uns noch einmal ein Amtmann von Schadeck; in einem Brief des Kellers zu Limburg wird er vor isenburgischen Ansammlungen bei Montabaur gewarnt. Später ist für Schadeck kein Amtmann zu belegen. 1466 erscheint als erster bekannter Schultheiß Hentze Foysse und nebenan ihm als erster bekannter Contze Meylinger von Obertiefenbach.
Vorwort
Der Heimatverein Schadeck kann sein fünfzehnjähriges Bestehen feiern.
Seit seiner Gründung hat er sich bemüht, das Schöne und Wertvolle unseres Heimatdorfes Schadeck zu erhalten, zu bewahren und zu pflegen.
Gerade in unserer Zeit des Wandels, des Umbruchs, müssen wir uns bemühen, das Interesse für das Überlieferte und dessen Pflege in der Bevölkerung zu wecken und das Wissen um die Geschichte unserer Heimat, seiner Menschen und seiner Kultur weiterzugeben und zu vertiefen.
Der Heimatverein hat sich deshalb entschlossen aus Anlaß seines fünfzehnjährigen Bestehens dieses Buch herauszugeben.
Wir wünschen den Bürgern und Freunden unseres Heimatdorfes Schadeck viel Freude und neue Entdeckungen durch dieses Buch in dem Bewußtsein, dass nur der die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten kann, der die Geschichte kennt.
Heimatverein Schadeck e.V.
Die Texte dieser Seite zum Thema "Geschichte des Dorfes Schadeck", sind aus dem Heft "Zur Geschichte des Dorfes Schadeck, das Klaus Martin zum 15 jährigen Bestehen des Heimatverein Schadeck e.V. herausgegeben hat.
Selbstverständlich liegt das Urheberrecht an dieser Veröffentlichung allein bei Ihm bzw. dem Heimatverein Schadeck e.V.. Anderweitige Verwendungen bedürfen der Genehmigung.
Bei nicht Beachtung behalten wir uns juristische Schritte vor.
Leider mussten wir, aus gegeben Anlaß, eine solch scharfe Formulierung wählen.
Klaus Martin verwendete bei der erstellung dieser Texte folgende Quellen
1.) Vogel, C, D., Beschreibung des Herzogtums Nassau, 1843
2.) Zander, Ernst, Schadecküber der Lahn, 1942
3,) May, Karl Hermann, Territorialgeschichte des Oberlahnkreises, Marburg 1939
4.) Zander, Ernst, Schadeck über der Lahn, 1942
5.) Rudersdorf, Walter, Der Dreißigjährige Krieg und seine Folgen für unsere Heimat, in: Beiträge zur Geschichte des Kreises Limburg-Weilburg, 1986
6.) Weilburger Tageblatt vom 23.08.1982
7.) Zabel, Norbert, Die Koalitionskriege, die Entstehung des Herzogtums Nassau und die Auswirkungen nach dem Wiener Kongreß, in: Beiträge zur Geschichte des Kreises Limburg-Weilburg, 1986
8.) Demian, J.A., Geographie des Herzogtums Nassau, 1822
9.) Hess. Hauptstaatsarchiv, Abteilung 211, Elementar-Schule Schadeck, Nr. 14029
10.) Hess. Hauptstaatsarchiv, Abteilung 239, Amt Runkel, Nr. 494
11.) Hess. Hauptstaatsarchiv, Abteilung .719, Amt Runkel, Nr. 18
12.) Caspary, Eugen, Die Juden in den Kreisen Limburg und Oberlahn 1278-1945, in: Beiträge zur Geschichte des Kreises Limburg-Weilburg, 1986
13.) Hess. Hauptstaatsarchiv, Abteilung 239, Amt Runkel, Nr. 58
Der 30jährige Krieg (1618 -1648) verschonte unsere Heimat nicht. Zwar fanden hier keine großen Schlachten statt, aber unsere Heimat war immer Durchzugsgebiet der raubenden, plündernden, brandschatzenden, die Menschen quälenden Soldateska der verschiedenen Parteien. Besonders der Lahnübergang vor den Toren Schadecks zog dieTruppen an.
1626 erlebte Schadeck Tage des Schreckens: Angehörige vom Regiment des wallensteinischen Obersten Görzenich, („eines Scheusals in Menschengestalt”) plünderten Schadeck und nahmen sechs Pferde weg. Hungersnot und eine heftige Seuche waren die Folge dieses Einfalls für den heimgesuchten Ort.
Gegen die Ausschreitungen Görzenichs richtete im folgenden Jahr Graf Johann Ludwig von Nassau-Hadamar in Verbindung mit benachbarten Grafen und dem Kurfürsten von Trier einen Wachdienst ein. Hundertfünfzig Mann des runkelischen Ausschusses wurden ausgewählt, von denen wechselweise wöchentlich fünfzig Mann den Paß von Runkel sichern sollten. Görzenich wurde noch in dem selben Jahr zu Rendsburg seiner Verbrechen wegen mit dem Schwert hingerichtet.
In Erwartung neuer Durchzüge und Plünderungen brachten die Schadecker Früchte, Brot und andere Habseligkeiten ins Schloß zu Runkel, weil sie diese hier sicher wähnten. Allein im Januar 1628 wurde das Schloß von einer Schar streifender Soldaten, offenbar Angehörige des ehemaligen berüchtigten Görzenichschen Regiments, „überstiegen und ausgeplündert." Das Wenige, was den Schadeckern von ihren Vorräten übrigblieb, wollten die Runkeler mit ihnen teilen. „Darüber sind jämmerliche Klagen eingelaufen". berichtete der Chronist.
Weitere Plünderungen finden in den nächsten Jahrzehnten statt, bis schließlich mit dem Westfälischen Frieden von 1648 diese grausame Kriegszeit ihr Ende findet.
Der Dreißigjährige Krieg und die folgenden Notzeiten zwangen aber dazu, die Erfüllungen des Wunsches, ein Gotteshaus zu haben, immer wieder hinauszuschieben. 1682 endlich begann man mit dern Bau des Kirchleins auf dem zugeschütteten Burggraben. 1691 konnte es eingeweiht und zur Benutzung freigegeben werden.
Die 300 Jahre alte Schadecker Kirche, die nach Süden nur einen Abstand von 80 Zentimeter zur Umwehrungsmauer der Burg und deshalb auf dieser Seite keine Fenster hat, ist auffallend klein. Sie mißt (außen) nicht mehr als 19,5 Meter in der Länge und 8,75 Meter in der Breite. Die Dachspitze erhebt sich lediglich 13 Meter über den Erdboden. Daß das winzige Gotteshaus 1691 eingeweiht werden konnte, war einer vermögenden Witwe zu verdanken, die - soweit bekannt -Schadeck nie Zu Gesicht bekommen hat: Magdalene Sophie von Hohenlohe geborene von Öttingen.
Die Geschichte dieser Sophie von Hohenlohe erzählte Schoppet am 21.04.1983 im Weilburger Tageblatt:
„Die Witwe lernte Ende der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts Graf Johann Anton zu Leiningen-Westerburg kennen, der in kaiserlichen Diensten stand und einer der Präsidenten des Reichskammergerichts war, das zu der Zeit in Speyer und noch nicht in Wetzlar residierte. 1690 verlobten sich die beiden, Hochzeit sollte wenig später gefeiert werden. Doch dazu kam es dann nicht, Die Braut starb noch vor dem bereits festgesetzten Termin der Trauung. Auf dem Sterbebett vermachte sie dem Grafen, der beinahe ihr zweiter Gemahl geworden wäre, 13.000 Taler. Das war für damalige Verhältnisse enorm viel. Ein Vergleich: lm selben Jahr wurde im Westerwald ein stattlicher Hof mit 160 Morgen Land für 700 Taler verkauft.
Was machte Graf Johann Anton mit dem vielen Geld, das er, der bis dahin wiederholt in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten war, von seiner verstorbenen Verlobten geerbt hatte? Er war 1655 auf Burg Schadeck geboren und getauft als neuntes von insgesamt 19 Kindern des adeligen Herrn, dem Burg und Ort auf der Lahn bei Runkel damals zugehörten, Sein Vater, dessen Stammschloß in Westerburg war, hatte später sein Besitztum an der Lahn an einen Generalleutnant von Baumbach verpfändet.
Von dem löste es jetzt Graf Johann Anton ein, der fortan sooft es seine Verpflichtungen in Speyer zuließen, in Schadeck weilte, das ihm von seinen Brüdern als väterliches Erbteil zuerkannt wurde, Als erstes vollendete er die von seinem Vater begonnene Kirche. Er stiftete auch den heute noch benutzten sehenswerten Altar aus schwarzem, weißgeäderten Schupbacher Marmor. Auf der Rückseite des Altars ließ er eine Inschrift anbringen, in der seine Verdienste um den sakralen Bau gebührend gewürdigt werden. Seine verstorbene Verlobte, deren Geld seine Freigiebigkeit erst möglich gemacht hatte, erwähnte er mit keinem Wort.
Nachdem 1693 das Reichskamrnergericht nach Wetzlar verlegt worden war, konnte Graf Johann Anton noch öfter als zuvor auf Burg Schadeck residieren, aber nicht mehr lange: 1698 bereits starb er in Wetzlar. Sechs Jahre vor seinem Tod hatte er doch noch geheiratet: „Charlotte Luise, eine Tochter des Grafen von Sayn-Wittgenstein. Aus dieser Verbindung waren zwei Kinder hervorgegangen. Die verwitwete Gräfin blieb nicht in den Lahngegenden. Sie ging eine zweite Ehe mit Dr. Joh. Bierbauer, Bergrat und Leibarzt des Grafen zu Stolberg, ein und lebte bis zu ihrem Tod (1745) in Ilsenburg am Harz."
Von dem 1803 abgebrochenen Nordbau der Burg führten zwei Brükkeneingänge zu der nur 80 Zentimeter von der Burgmauer entfernten Kirche. Der obere Eingang führte zu den Glocken im Dachgeschoß, damit die Burgwächter bei Gefahr schnell die Bevölkerung alarmieren konnten. Den oberen Zugang benutzten die Mitglieder der gräflichen Familie, um von hier zu den gräflichen Sitzen im Inneren der Kirche zu gelangen.
Der Grafenstuhl auf der südlichen Empore ist jetzt noch durch das aufgemalte Wappen der Grafen von Leiningen-Westerburg zu erkennen. Das Wertvollste im Kirchenraum ist der prachtvolle Altar aus schwarzem Weißgeädertem Marmor, auf dessen Vorder- und Rückseite die Namen und Wappen der gräflichen Stifter von Kirche, Orgel und Altar angebracht sind. Das jetzt dreihundertjährige Kirchlein ist nicht das erste Gotteshaus von Schadeck.
Bereits beim Bau der Burg Schadeck wurde ein Kapellenraurn im oberen Stockwerk des Eingangsturmes eingerichtet. 1429 wurde ein besonderes Kapellengebäude innerhalb der Burgmauer begonnen. Bis zur Einführung der Reformation im Jahre 1566 gehörten die Schadecker Christen zur Haupt- und Mutterkirche in Villmar. Daneben konnten sie auch die auf dem Friedhof des ausgegangenen Dorfes Wenigen-Villmar stehende Kirche benutzen.
Einer der tüchtigsten Regenten aus dem uralten, erlauchten Hause Leiningen-Westerburg war Johann Anton, Graf zu Leiningen und Herr zu Westerburg und Schadeck (1655 bis 1698). Er war nicht nur ein guter Oekonom, der viele von seinem Vater Georg Wilhelm verpfändete Güter wieder einlöste, sondern auch ein treuer Landesvater Besonders eifrig nahm er sich auch der Schulverhältnisse an. Er stattete die Kirche und Schule von Schadeck freigebig mit Gütern und Gefällen aus, zugleich war er wohl der erste Regent aus dem Hause Leiningen-Westerburg der eine feste Kirchen- und Schulordnung einrichtete. Diese Kirchen- und Schulordnung bildet ein wichtiges Dokument für die damaligen Verhältnisse und ist wert, veröffentlicht zu werden.
Die Urkunde hat folgenden Wortlaut, der hier jedoch zusammengefaßt und in heutigen Sprachstil wiedergegeben wird:
Johann Anton Graf von Leiningen, Herr zu Westerburg, des heiligen Römischen Reiches semperfrei, Römischer Kaiser I. Majestät Rath. derselben und des heiligen Reiches Cammergerichtspräsident legt fest:
Wir möchten gern sehen, daß in unserer Herrschaft Schadeck eine gute Ordnung in Kirchen und Schule gehalten werden möge, so haben wir dem Pfarrer und dem Schulmeister zu Schadeck nachfolgende Instruktion erteilt (gekürzte Darstellung):
- Der Pfarrer soll mit den „Kirchen-Ceremonien” nach den westerburgischen Regeln vorgehen und die monatlichen Bettage einhalten und an Sonn- und Feiertagen zwei Predigten - die eine vor -, die andere aber nachmittags - halten.
- Zu solchen Sonn-,Fest- und Bettagens-Predigten im Winter und im Sommer soll morgens um 7 Uhr das erste Glockenzeichen und um halb 8 Uhr das zweite und um 8 Uhr mit allen drei Glocken geläutet werden: nachmittags aber um 12 Uhr das erste, um halb eins das zweite und um ein Uhr wiederum mit allen drei Glocken zusammengeläutet werden. Wenn die Herrschaft hier ist, soll jedoch wegen des Läutens zuerst die Zustimmung gegeben werden müssen.
- Es soll auch von nun an und künftig hin zu allen Zeiten an jedem Werktage eine Betstunde, und zwar im Sommer um 6 Uhr, im Winter aber um 7 Uhr gehalten werden.
- Der Schulmeister soll die Schüler vor dem Zusammenläuten zusammentrommeln und in die Kirche gehen lassen, er selbst soll sich nach dem Läuten an seinen Platz in der Kirche begeben und mit dem Gesang beginnen.
- Die Kirche selbst soll der Schulmeister allezeit sauber und verschlossen halten.
- Unterrichten soll der Schulmeister im Winter vormittags von 8 bis 10 Uhr, im Sommer aber von 7 bis 10 Uhr, und nachmittags von 12 bis 2 Uhr. Morgens und nachmittags soll der Unterricht mit einem Gebet sowie mit Gesang anfangen. Vor allen Dingen aber soll der Lehrer mit Fleiß lehren, damit das Wissen und die Gottesfurcht zunehme. Neben dem Lesen und Schreiben soll Rechnen wohlgeübt werden. Daneben soll der Pfarrer die Schule fleißig visitieren.
Dies alles befehlen wir unserem Pfarrer und unserem Schulmeisterhier zu Schadeck. Sie solle die Instruktion in allen Stücken fleißig und wohl beachten, damit sie nicht unserer Ungnade verfallen.
Der 8. Juni ist für die Gemeinde Schadeck ein schlimmer, grauenvoller Tag. Am Medardustage (8. Juni) desjahres 1765 wurde der damals noch unter der Herrschaft der Grafen von Leiningen-Westerburg stehende Flecken von einer furchtbaren Feuersbrunst heimgesucht, die im Verlauf von wenigen Stunden 56 Häuser in Asche legte und den blühenden Ort in eine traurige Trümmerstätte verwandelte. Zur Erinnerung an diesen in damaliger Zeit besonders schädigenden Brand, den die Einwohner Schadecks ein Strafgericht Gottes nannten, feiert die Gemeinde den 8. Juni bis ins 20. Jahrhundert als „Brandtag" oder als lokalen Buß-, Bet- und Danktag mit dreimaligem Gottesdienst.
Zur Zeit jener verheerenden Feuersbrunst amtierte in Schadeck der Pfarrer Gottfried Martin Schlosser (79 Jahre alt geworden, davon 46 Jahre, 1730 bis 1777, in Schadeck). Dieser hat einen anschaulichen Bericht über den Brand und die Brandgedächtnisfeier ins Kirchenbuch eingetragen. Immerhin dürfte der Abdruck dieses Berichtes für manchen, der Schadeck mit seinem altem Schloß, mit seinem durch einen herrlichen Marmoraltar gezierten Kirchlein, mit seiner lieblichen Umgebung kennt, nicht ohne Interesse sein.
Der Bericht hat folgenden Wortlaut:
„Es war 1765 am 8 ten Tag des Monats Juni Nachmittags um 6 Uhr, als sich ein schweres Ungewitter über Schadeck zusammenzog. Gleichwohl sahe man keine Blitze, es brüllte kein Donner, ein sanfter Regen vielmehr rieselte auf das seit vielen trockenen Wochen ganz ausgedörrte Erdreich erquickend herab und ergötzte die deshalb erfreuten Landsleute nicht wenig.
Aber wie kurz war diese Freude! Plötzlich fuhr ein erschrecklicher, knallender Wetterschlag und Strahl auf die durch langwierige Hitze zu trocken geworden und mit Stroh gedeckte damals dem Johann Heinrich Hofmann zugehörige Scheune schmetternd herab, breitete sich wie ein Lauffeuer auf den Dächern von sechs Gebäuden schlänglich und kreuzend dergestalt aus, daß in wenigen Minuten diese sechs Gebäude auf einmal in vollem Feuer standen und binnen zwölf Stunden, aller geschwinden und stärksten Gegenwehr und Hilfeleistung ohngeachtet fünfzig sechs Gebäude mit allem, was darinnen war, in der Asche lagen.
Da nun meine Pfarr-Kinder durch diesen schrecklichen Anblick, da das gute Schadeck, so vormals ein mal Paradeis gleichte, nun in einen öden Wüstenweg, da man nichts sahe als Brandrnauern, - hier fehlte einigen, 2 Reihen - erzürnte und Schlagende Hand- und Strafruthe zufallen und dieselbe vor ferneren Züchtigungen und Strafen zurückzuhalten.
So haben sämtliche Gemeinden sich entschlossen, jährlich auf gemeldeten 8 ten Juni als Medardustag einen Buß-, Fast- und Bittag zu halten, zu welchem löblichem Vorhaben ich mich sodann gleich verstanden und mich über ihre Inbrunst und Bußbezeugung von Herzen erfreuten.
Da ich aber der Gemeinde die Vorstellung getan, wie sie wohltäte, wenn Sie ihr gutes Vorhaben an unser gesamte Hochgräfliche Landesherrschaft untertänigst berichte, wie und auf wes Art der angestellte Buß-, Fast- und Bittag sollte gehalten werden, so hat die Gemeinde auf untertänigstes Einberichten dieses gnädige Resolutum (Beschluß oder Entscheidung) empfangen:
Daß Hochdieselten (damals regierten Christian Johann, Graf zu Leiningen-Westerburg-Alt-Leiningen und Georg Karl I. August Ludwig Graf zu Leiningen-Westerburg-Neu-Leiningen) mir als den zeitigen Pfarrer hierinnen nichts vorschreiben, sondern alles gnädigst zu genehmigen geruhen wollten.
Darauf ich denn den ersten Brandtag also gehalten, nämlich den Tag vor dem unglücklichen Tag circa horam, sextam vespertinam (um 6 Uhr abends), da der Blitz gefallen und angezündet, bin ich in die Vesper gegangen und am Brandtag selbsten 2 mal gepredigt und abermal wie vorher circa horam sextam mit einer Vesperandacht den Tag beschlossen. Nun muß ich das meinen Pfarr-Kindern zum ewigen Ruhm attestieren, daß dieser Brandgedächtnistag von denselben also gefeiert worden, daß im Geringsten nichts daran auszusetzen, inmaßen dieselben in solcher Menge erschienen, daß unser Kirche sie kaum fassen und sie alle Raum finden konnten.
Gott der Herr, der durch seinen guten heiligen Geist alles Gute in uns wirkt, möge deshalb diese meine liebe Pfarr-Kinder, sie und ihre Nachkömmlinge bei solchem Eifer, Andacht und Gottesfurcht beständig bis ans Ende erhalten, und behüte das arme Schadeck vor Feuersnot bis an der Welt Ende, bis das Petrinische Feuer komme, da alle Elemente zerschmelzen werden, und wir einen neuen Himmel und eine neue Erde erwarten, darinnen Gerechtigkeit wohnet".
Während des ersten Koalitionskrieges (1793 -1797), den England, Preußen, Österreich, Holland und das Deutsche Reich auf verschiedenen Schauplätzen gegen die französische Republik führten, wurden auch die Lande der Grafen zu Leiningen-Westerburg auf das Schwerste heimgesucht; zwischen den Jahren 1793 und 1796 machten die Franzosen nicht weniger als drei Einfälle in die Grafschaft Leiningen in der Pfalz, namentlich in Grünstadt; die Franzosen wirtschafteten dabei aufdas Unerhörteste, ihre steten Requisitionen erforderten ungeheuere Opfer und stürzten das Land in Schulden und Not. Auch die Grafschaft Westerburg und die Herrschaft Schadeck blieben von den Kriegslasten nicht verschont; auch hier folgte eine Lieferung nach der anderen an Früchten und Vieh, eine Bedrückung und Beraubung der unglücklichen Einwohner nach der anderen; besonders groß war das Unglück, welches die Einwohner Schadecks bei dem Vordringen und Rückzug der Franzosen in den Monaten Juni, Juli und September des Jahres 1796 durch unerhört starke Lieferungen aller und jeder Art an Lebensmitteln, Holz und Futter, auch an Pferden betroffen hat.
lm Juni 1796 machten die Einwohner von Schadeck die erste nähereBekanntschaft mit den unwillkommenen Gästen. Am 6. Juni jenes Jahres kam eine sehr starke Kolonne der Franzosen, die sich auf 4.000 Mann angab nach Schadeck, lagerte sich teils in dem nächstgelegenen herrschaftlichen sogenannten Kirchhofswalde und quartierte sich teils in dem Orte selbst ein. Nicht genug, daß sie den Einwohnern Lebensmittel aller Art, teils durch gute, teils durch böse Worte und Drohungen die zwölf Tage hindurch, die sie hier standen, abpreßten, zwangensie die Schadecker auch noch, auf ausdrückliche Requisitionen folgendes abzuliefern:
- 260 Laib Brot,
- 3 Ochsen, einen derselben von 425 Pfund, einen von 556 Pfund, und einen von 300 Pfund in ungefährem Anschlag,
- einen Lipper, zirka 160 Pfund schwer,
- zwei Schweine, ungefähr von 80 Pfund,
- 90 Pfund Dörrfleisch an die Kaballerie auf das Feld,
- 80 Pfund Butter,
- 48 Maß Wein an den Kommandanten während seines 13 tägigen Aufenthaltes,
- 258 Geburıd Stroh zu Strohhütten,
- 184 Rationen Heu,
- 7 Malter, 11 Simmer (ein Simmer, früher Getreidemaß, 22 - 32 l.) Hafer und endlich,
- zwei Hemden, auf Befehl des Kommandanten an dessen Bedienten.
Als die Franzosen schließlich abzogen, nahmen Sie noch 5 Pferde, 1 Ochsen und 2 Karren zum Vorspann mit, ohne sie den Leuten wieder zurückzugeben.
Am 7. Juli hatte Schadeck mit der ganzen hiesigen Gegend das abermalige große Unglück, daß die Franzosen hierher kamen. Während sich indessen die Feinde das erste Mal einzelner nur Bedrückungen und Mißhandlungen schuldig machten, setzten sie diesmal alleMenschlichkeit außer acht. Alles, was in Häusern, Kellern, Scheunen und Stallungen war, Hemden, Weißzeug, Zinn, Kleidungsstücke, Eisen-, Blech- und Kupfergefäße, kurz alles, was sie nur wegschleppen konnten, nahmen sie mit und mißhandelten dabei die Bewohner Schadecks aus das Schrecklichste.
Aber die Leiden der beraubten Schadecker waren damit noch nicht zu Ende. Kaum waren sie im Sommer 1796 von den Franzosen so hart mitgenommen worden, so mußten sie im Monat September des gleichen Jahres ein ungleich härteres Schicksal erdulden. Bei dem Rückzuge der französischen Armee bezog ein Teil dieser Truppen in der Nähe von Schadeck 10 Tage lang ein Lager, und durch diese und die nachher vorgedrungenen österreichischen Truppen wurde den Einwohnern von Schadeck ein solcher Schaden zugefügt, daß mehrere Jahre nicht ausreichten, das Dorfleben wirtschaftlich wieder zu normalisieren. Erst nach der Eingliederung des westerburgischen Besitzes ins Herzogtum Nassau verbesserten sich stetig die Lebensverhältnisse.
lm Jahre 1806 wurde die Herrschaft Schadeck neben dem nassau-dillenburgischen Fürstenhaus dem Großherzogtum Berg zugeschlagen, an dessen Spitze Joachim Murat stand und das nach französischem Verwaltungsmuster neu geordnet worden war.
Doch erst 1808 wurde das Großherzogtum gemäß der französischen Départemente-Verfassung umorganisiert. Insgesamt umfaßte das Großherzogtum 4 Départements (Rhein, Sieg, Ruhr, Lippe). Zum Département Sieg gehörten die Arrondissernents (Distrikte) Siegen und Dillenburg. Dillenburg war Départementsitz, somit Sitz der Präfekten. Das Arrondissement Dillenburg, an dessen Spitze der Unterpräfekt stand, umschloß die Kantone Hadamar, Runkel, Westerburg, Rennerod, Driedorf, Herborn und Dillenburg. Der Kanton Hadamar (11.311 Einwohner) umfaßte die Mairieen (Bürgermeistereien) Hadamar, der Niederhadamar und Malmeneich zugehörten, Offheim, Zeuzheim, Frickhofen und Lahr. Die Mairieen Schupbach und Schadeck bildeten den Kanton Runkel mit insgesamt 3.867 Einwohnern, weil auch der rechts der Lahn gelegene Teil von Wied-Runkel unter die Souveränität des Großherzogtum gekommen war. An der Spitze einer Mairie, die in der Regel 2 bis 3 Orte umfaßte, stand der Maire (Bürgermeister), ihm zur Seite stand der Beigeordnete (Adjunkt) Sowie der Municipalrat, der als Beratungsorgan des Maire aus den angesehensten Bürgern gebildet wurde.
Mit dem Einmarsch der Verbündeten Ende Oktober 1813 verschwand der französische Spuk, Schadeck wurde jedoch nicht wieder Leiningen-Westerburgisch, sondern dem Prinzen von Oranien zu seinen ursprünglichen Erblanden zugeteilt, bis es1815 an das Herzogtum Nassau kam.
1812 verkaufte Graf Friedrich die Herrschaft Schadeck. 288 Morgen Land, das Schloß mit allen Nebengebäuden, die Weinberge, einen Garten und zwei Wäldchen sowie die Jagd in der Schadecker Gemarkung. 30 Schadecker Bürger kauften diesen wertvollen Besitz für 35.000 Gulden.
Dem gräflichen Haus verblieb nur das Patronatsrecht über die Pfarrei und die Schule zu Schadeck. Bis im Jahre 1969 befand sich der Westflügel des Schlosses im Besitz der Gemeinde Schadeck und diente als Schule mit Lehrerwohnung.
lm Herzogtum Nassau kam im Rahmen der Reformen des Nassauischen Regierungspräsidenten von lbell das Dorf Schadeck zum Amt Runkel, dessen Einwohnerzahl im Jahre 1822 insgesamt 10.914 betrug, davon 7.453 Evangelische, 3.014 Katholiken, 21 Mennoniten und 427 Juden. Es umfaßte 1 Stadt (Runkel), einen Flecken (Villmar), 20 Dörfer und 28 Höfe und Mühlen. Schadeck, das evangelische Pfarrdorf, gehörte zu den kleineren Gemeinden mit 385 Einwohnern.
1818 wird Johann Heinrich Sartor zum ersten Lehrer an der neu eingerichteten Elementarschule zu Schadeck ernannt.
In den 20 er Jahren wird von den Schadecker Marmorbrüchen und ihrer Bedeutung berichtet. Und neben Runkel gilt Schadeck auch als Ort, wo „etwas Wein” bebaut wird.
1836 ist der Wassernotstand in Schadeck so groß, daß der Amtmann von Runkel in verschiedenen Schreiben massiv um die Anlage eines Brunnens für die Gemeinde Schadeck gebeten wird. In einem Bittgesuch heißt es „Die Gemeinde Schadeck leidet im Sommer so sehr Mangel an Wasser, daß dieses dringende Bedürfnis der Gemeinde außerordentlich drückend und lästig wird, in dem sie ihren Wasserbedarf auf die mühseligste Weise von der Lahn aus beschaffen muß."
Die Volkszählung von 1854 ergab, daß in Schadeck 140 Familien in 90 Häusern wohnten. Insgesamt zählte Schadeck 488 Einwohner, von denen 468 evangelisch und 6 katholisch waren. Außerdem wohnten 14 Juden in Schadeck, 1843 waren es nur 10, 1898 nur 6 Juden berichtete Caspary, die ihre Schule und ihre Synagoge in Villmar besuchten. Erstmals sind Juden in Schadeck um 1639 bezeugt.
1862 wird von der Herzoglichen Bergmeisterei Weilburg der Kauf der Erzensteingrube „Herrenberg“ durch den Steiger Jakob Hepp aus Dehrn registriert, der sie jedoch 1865 an den Rüdesheimer Carl Friedrich Reuß weiterveräußert.
1866 wird Schadeck preußisch, zuständiger Amtssitz bleibt Runkel bis 1884, jedoch wird 1867 Weilburg zur Kreisstadt, wo von nun an bis 1974 bestimmte administrative Zuständigkeiten liegen.
Anders als im 30-jährigen Krieg, war es im ersten und zweiten Weltkrieg.
Zwar wurde hier nicht gekämpft, trotzdem fielen einige Bomben, die aber keinen nennenswerten Schaden anrichteten, Die Dorfbewohner kamen mit dem Feind nur in Berührung, als amerikanische Soldaten am Ende des zweiten Weltkrieges Schadeck besetzt hatten. Den Männern, die in beiden Weltkriegen gefallen sind, hat man eine Gedenktafel an der Burgmauer neben der Kirche angebracht. In jedem Jahr, am Volkstrauertag wird dort in einer Feierstunde der Kriegsopfer gedacht.
Nach dem letzten Kriege fanden viele Flüchtlinge aus dem Osten in Schadeck ihre erste Bleibe. Einige bauten sich hier eine neue Existenz auf, und haben in Schadeck eine neue Heimat gefunden.
1971 wurde Schadeck, die bis dahin selbständige Gemeinde war, nach Runkel eingemeindet. Letzter Bürgermeister der selbständigen Gemeinde Schadeck war Otto Mannes.
Obwohl Schadeck seine Stadtrechte nie verloren hat, ist es heute „nur“' einer von neun Ortsteilen der Stadt Runkel. 916 Häupter wurden zum Jahreswechsel 1987-1988 gezählt. Der größte Zuwachs an Einwohnern seit dem Jahrhundertwechsel dürfte in der Zeit zwischen 1973 -1988 fallen, denn in diesen Jahren hat die Stadt Runkel in Schadeck rund 22 Hektar Land als Bauland erschlossen.
Schadeck ist auch ein Name, dem man heute im Hessenpark begegnen kann, denn dort wurde nach dem Abriß, eines der ältesten Häuser des Ortes, wieder aufgebaut. Der Dorfkern vor dem Schloß, das heute Eigentum von drei Familien ist, hat nur geringfügig sein historisches Bild verändert. lm Rahmen der Dorfsanierung wurden der Schloßplatz, der Vorplatz vor der Kirche und ein Teil der Schloßstraße ursprünglicher gestaltet. Was die alte Bausubstanz betrifft, so ist man hier natürlich auf die Initiative der Bürger angewiesen. Gebäude, die sich in der Öffentlichen Hand befinden, sind ebenfalls in die Sanierung einbezogen.
Noch bis in die 50 er Jahre hinein war die Landwirtschaft der Haupterwerbszweig in Schadeck. Heute sind es nur noch 11 bäuerliche Betriebe, die dem Dorf seinen ländlichen Charakter erhalten. Zwei Gaststätten, eine davon mit Beherbergung, eine Pension, ein Tief- und Straßenbauunternehmen, eine Kornbrennerei und einige Dienstleistungsunternehmen bieten der Bevölkerung keine ausreichende Basis für den Broterwerb. So arbeiten die meisten Bürger Schadecks außerhalb der Dorf- und Stadtgrenze.
1988 wurde Schadeck 700 Jahre alt. Ganz Schadeck hatte sich diesem Jubiläum verschrieben, einem Jahrhundertfest das über eine Woche lang die Geschichte des Ortes in vielen Variationen lebendig werden ließ.
Lang ist es her, seit der Begebenheit die hier erzählt wird.
Schloß Schadeck und Schloß Runkel sahen damals in ihren Mauern noch gräfliche Hofhaltungen und die Beziehungen zwischen den beiden Häusern waren entgegen dem jahrhundertealten Zwist freundnachbarlich.
In der Zeit lebte in Schadeck ein Hündchen, beliebt bei jung und alt und oft bestaunt wegen seiner Klugheit. Sein Name ist nicht bekannt.
Das Hündchen hatte die Entdeckung gemacht, daß die Mittagstafel im Runkeler Schloß aufgehoben wurde, wenn sie im Schlosse zu Schadeck anfing.
Wie es hinter diese Tatsache gekommen war, wußte niemand. Hatte es einen Bediensteten von Schadeck einmal oder mehrmal begleitet als dieser um die Mittagszeit mit einem Auftrag hinüber nach Runkel ins Schloß geschickt worden war, und hatte es dabei die Feststellung gemacht und seinem Gedächtnis eingeprägt.
Wer kann das Geheimnis enthüllen das in einer Tierseele vorgeht?
Täglich Glockenschlag zwölf verließ unser Hündchen Schadeck, lief durch die Weinberge den steilen Pfad hinab der damals noch keine Treppen hatte und nahm seinen Weg über die Brücke nach Runkel hinauf ins Schloß. Dem Pförtner am Brückentor war das Vorbeikommen des Hündchens schon längst zu einer gewohnten Erscheinung geworden. lm Runkeler Schloß kam der Hund allemal an, wenn die Tafel im Gange war. Nicht allzulange brauchte er zu warten, bis die Küchenbediensteten auch für ihn ein Schüsselchen mit Abfällen gefüllt hatten. Bis er alles aufgefressen hatte und das gastliche Haus verließ, mochte etwa eine knappe Stunde verstrichen sein. Nun ging er seinen Weg wie er gekommen war nach Schadeck zurück. Mit der größten Selbstverständlichkeit bog er links um die Kirche ins Schloß. Dort traf er allemal ein, wenn die Herrschaften zu Tisch gingen. Niemand konnte ahnen, daß das Hündchen sich anschickte, am Zweiten Schmaus teilzunehmen. Doch auch den bewältigte der kleine Fresser regelmäßig ohne Beschwer und trollte mit gerundetem Bäuchlein davon.
Plötzlich kam der Lebensgang unseres Hündchens in Unordnung. Eines Tages schwieg aus unbekannten Gründen die Mittagsglocke zu Schadeck. Unser Hündchen, für den damit das gewohnte Mahnzeichen zum Aufbruch ausblieb, verspätete sich mit seinem Gang nach Runkel um eine Stunde. Als er bei seinen Freunden im Schloß ankam, war das Mittagsmahl längst vorrüber. Küchenmamsell und Küchenschreiber, die sich das Ausbleiben ihres gewohnten Gastes gar nicht enträtseln konnten, vermochten diesen jetzt nicht mehr mit Abfällen der Tafel abzuspeisen. Eine volle Stunde trieb sich das enttäuschte Tier in der Küche umher in der Erwartung, doch noch zu seinem gewohnten Mahl zu kommen.
Traurig kehrte es nach Schadeck zurück, fand aber natürlich auch da nur geräumte Tische und leere Schüsseln.
Seit der Zeit wurde in der Gegend die Redensart üblich.
„ Dir wird es gehen wie dem Schadecker Hündchen.”
Welche Worte man zu einem sagt, der im Begriffe ist, zu irgendeiner Gelegenheit zu spät zu kommen.